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Zwischen Euphorie und Realismus

Das Arbeitsförderungsinstitut präsentierte heute sein erstes von vier Stimmungsbarometern 2024. Die Erwartungen der Arbeitnehmer sind positiv, jedoch nicht allzu sehr.
AFI-Pressekonferenz
Foto: SALTO
  • Heute wurde das AFI-Barometer – Frühjahr 2024 vorgestellt. Im Fokus standen dabei folgende Fragen: Hinterlässt die schwache Konjunktur in Europa bereits Spuren in Südtirol? Entspannt sich mit sinkender Inflation schrittweise die angespannte finanzielle Lage von Südtirols Arbeitnehmern? Wie gut sind aktuell die Perspektiven für einen Jobwechsel? Kompromittiert die derzeit schwache Kreditnachfrage die Wirtschaftsentwicklung Südtirols? Das AFI-Barometer gibt dabei das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmer wieder und wird viermal im Jahr durchgeführt. Bereits zum elften Mal wurden hierfür 500 Südtiroler Arbeitnehmer telefonisch kontaktiert und bezüglich ihrer Stimmung befragt. 

     

    „Diese Daten können sich sehen lassen.“

     

    Nach den Grußworten der Landesrätin für Europa, Arbeit und Personal Magdalena Amhof, die vor allem die Wichtigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Südtirols und die geopolitische Lage der Erde unterstrich, analysierte AFI-Direktor Stefan Perini zunächst die Lage des internationalen Umfelds. In diesem Zusammenhang hielt er positive Aspekte wie die schnelle Rückbildung der Inflation oder die näher rückende Zinswende, aber auch Negatives wie etwa die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten oder die kraftlose Investitionstätigkeit der Privatwirtschaft fest. Anschließend kam Perini auf die Endbilanz des Barometers 2023 zu sprechen. Er hob dabei die Erwerbstätigenquote von 74 Prozent bei zwei Prozent Arbeitslosenquote und einer unselbstständigen Beschäftigung von +2,2 Prozent (im Vergleich zu 2022) hervor. „Diese Daten können sich sehen lassen“, kommentierte der AFI-Direktor, „wenn wir die Entwicklung am Arbeitsmarkt quantitativ, also im Sinne von geschaffenen Stellen, ansehen, dann stehen wir gut da.“ Die Frage sei jedoch, ob auch die Qualität gegeben ist. Diese lässt sich an Aspekten wie Arbeitsbedingungen, Stellen mit erhöhter Produktivität oder hochqualifiziertem Personal feststellen. 

  • Die Lage Südtirols

    Stefan Perini: „Vom laufenden Jahr wissen wir noch relativ wenig.“ Foto: Stefan Perini

    Auch bezüglich Südtirol hält Perini einige positive sowie negative Entwicklungen, die aus der Endbilanz 2023 ersichtlich sind, fest. Zu den positiven zählen hier zum Beispiel die extrem niedrige Arbeitslosenrate, die starke Zunahme an Nächtigungen im Tourismus oder die auch in Südtirol stark geschrumpfte Inflationsrate. Negative Aspekte, die aus dem Bericht des letzten Jahres hervorgehen, sind die deutliche Einbremsung des Kreditgeschäfts in der zweiten Jahreshälfte oder die Lohnverhandlungen, bei welchen keine bedeutenden Schritte in Richtung Ausgleich des Kaufkraftverlusts gemacht wurden. „Es ist ein Fakt, dass Personen, die ein festes Gehalt beziehen, das den Inflationswerten nicht angepasst wurde, heute ein Sechstel weniger an Kaufkraft haben“, so Perini.

    Im Frühling des laufenden Jahres sind die Kernindikatoren der Südtiroler Wirtschaft - Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Inflation und touristische Nächtigungen - solide. Abgesehen vom Bankensektor, wo das eingeräumte Kreditvolumen im Januar 2024 regelrecht eingebrochen ist.  Ein Umstand, der Perini zufolge im öffentlichen Diskurs eindeutig zu wenig beleuchtet worden sei. 

  • Ergebnis der ersten Umfrage 2024

    Was die Befragung der Arbeitnehmenden betrifft, so spiegelt sich eine verhalten optimistische Stimmung wider. In den nächsten 12 Monaten erwarten die Arbeitnehmer mehrheitlich eine unveränderte Entwicklung in der wirtschaftlichen Situation Südtirols, gleich schätzen die Befragten auch die Arbeitslosenzahlen ein. Das Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, erachtet die große Mehrheit als nichtig bis gering an. Die Perspektiven, im Bedarfsfall einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden, bleiben positiv. „Hier scheint jedoch die Euphorie des letzten Jahres verflogen zu sein“, erklärt AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi. Trotz rückläufiger Inflation ist es für Arbeitnehmer großteils weder schwer noch leicht, mit ihrem Einkommen über die Runden zu kommen. Knapp 30 Prozent beantworteten diese Frage jedoch mit „schwierig“. Über Dreiviertel der Teilnehmer erwarten sich keine Veränderung der finanziellen Situation der eigenen Familie. Trotzdem nimmt eine knappe Mehrheit (56 Prozent) an, in den nächsten 12 Monaten etwas Geld ansparen zu können.

  • Auswertung: Nur ein Prozent kommt mit dem Lohn „sehr leicht“ aus. Foto: AFI
  • Abschließend präsentierte Iarossi noch die BIP-Prognose des AFI für das Jahr 2024. Angesichts des ungünstigeren konjunkturellen Umfelds senkt das Institut seine Vorhersage für die Südtiroler Wirtschaft auf +0,5 Prozent

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MAYR Karl Mo., 22.04.2024 - 16:28

Vorausgeschickt, daß bei Lohnabhängigen kaum mehr auf Fixtelefone und somit Telefonandressen zurückgegriffen werden kann, stellt sich wohl die Frage wie auf Mobiltelefone zurückgegriffen werden kann, damit eine Umfrage representativ sein kann.

Mo., 22.04.2024 - 16:28 Permalink