Politik | Abgeordnetenkammer

„Ethnische Erpressung funktioniert nicht“

In Sachen Autonomie knatscht es an mehreren Fronten zwischen SVP und Opposition. Der jüngste Vorfall: ein Schlagabtausch zwischen den Kammerabgeordneten Daniel Alfreider und Florian Kronbichler.
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Foto: (c) pixabay

Die Autonomie gehört nicht nur der Südtiroler Volkspartei: Auf diese Feststellung lassen sich die Reaktionen von Freiheitlichen und Grünen auf die Vereinbarung der Südtiroler Volkspartei mit Premier Enrico Letta herunterbrechen. Während die Grünen verlangen, dass auch andere Parteien in die Verhandlungen für das „Bozner Abkommen“  miteinbezogen werden, für das Letta im Frühsommer nach Südtirol kommen will, liefern sich die Freiheitlichen einen Schlagabtausch mit Landessekretär Philipp Achammer über Alleinvertretungsansprüche und Freistaat.

Doch auch innerhalb der Abgeordnetenkammer tun sich innerhalb der Südtiroler Gruppe neue Gräben auf. Den Auftakt dazu gab am Donnerstag eine Pressemittelung des Gruppensprechers der sprachlichen Minderheiten in der Abgeordnetenkammer Daniel Alfreider. Darin freute sich der SVP-Exponent über die Unterstützung des Ministerpräsidenten für die Anliegen der sprachlichen Minderheit. „Letta hat diese ernst genommen und die Rolle der sprachlichen Minderheit auch im Reformprozess betont, der heute mit Annahme der entsprechenden Beschlussanträge in die Wege geleitet wurde“, so Alfreider. Doch während eine breite Mehrheit, darunter Vertreter der slovenischen Minderheiten und den Aostanern ihren Antrag unterstützt habe, „ist die Gegenstimme des Südtiroler Abgeordneten Florian Kronbichler unverständlich, gerade in dieser für Suedtirol so wichtigen Frage“, so Alfreider.

Ein Angriff, den Florian Kronbichler umgehend als „Reaktionsfoul“ konterte: Alfreider verbreite sehr bewusst eine Unwahrheit. Denn in der Abgeordnetenkammer wurden über keinen SVP-Antrag abgestimmt. „Ich habe gegen den Antrag der Regierung Letta zur Verfassungsreform gestimmt, und zwar deshalb, weil ich die Art, wie die Fast-Allparteienregierung die Verfassung zu verändern versucht, nicht als Reform, sondern als Verschlechterung ansehe.“ Tatsächlich haben die SVP ihre Zustimmung zur Reform mit der Zusicherung der Regierung verknüpft, dass in der zu errichtenden 40-köpfigen Zweikammer-Kommission ein Vertreter der Sprachminderheiten sitzen wird. Diese Zusage habe Senator Karl Zeller mit einem Antrag im Senat erreicht, den Ministerpräsident Letta  in seiner Rede vor der Kammer bestätigt habe.

Alfreiders Darstellung sei also falsch und die „alte ethnische Erpressung, die bei mir nicht funktioniert“, so Kornbichler. Denn nicht  jeder Posten für die SVP sei schon ein Minderheitenschutz und nicht jede Stimme dagegen ein Anschlag auf den Minderheitenschutz. Und: „Nicht jeder Regierungsantrag und jeder Gesetzesentwurf, dem auch die SVP-Vertreter zustimmen, ist deswegen gleich ein SVP -und gleich ein Sprachminderheiten-Antrag.“

 

 

 

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Martin Geier Do., 30.05.2013 - 21:12

Es knistert im Gebälk der Südtiroler Autonomie. Zu den Freiheitlichen wäre zuerst einmal zu sagen daß deren DNA der Freistaat ist und deren Entdeckung der Autonomie nur eine sehr rezente Eigenschaft sein kann. Politisch schließen sich Freistaat und Autonomie praktisch aus weil es schwer schwierig bis politisch unmöglich ist an der Verbesserung des zweiten zu arbeiten während man das erste fordert; vom Verhandlungspartner käme dann bestenfalls der Mittelfinger, vollkommen zurecht auch. Zuletzt, auch in anderen Ländern ist es das normalste der Welt daß sich Angehörige der Regionalregierung und Mitglieder des Parlaments mit der Regierung des Gesamtstaats treffen; und eben nicht Mitglieder von Kleinparteien die nur im Regionalparlament vertreten sind. Die Grünen hingegen könnten als seriöse Autonomiepartei und vielleicht zukünftiger Regierungspartner sehr wohl besser einbezogen werden. MA werfen die LTW auch die Schatten voraus und es könnte sich heute auch um Gerangel handeln wer in Zukunft besser in Autonomiefragen mitmischt.

Do., 30.05.2013 - 21:12 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Fr., 31.05.2013 - 11:30

Antwort auf von Martin Geier

Hallo Martin, in anderen Ländern ist es aber nicht normal, dass eine Partei seit ewigen Zeiten alleine entscheidet, was für das Land gut und schlecht ist, in anderen Ländern gibt es meistens einen Koalitionspartner, der miteinbezogen werden muss, was hier bei uns leider noch nicht der Fall ist.
Und ich wäre sehr vorsichtig mit der Aussage, dass sich in der Politik etwas praktisch ausschliesst, das könnte sich schneller ändern, als vielen recht und lieb ist.

Fr., 31.05.2013 - 11:30 Permalink
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Martin Geier Fr., 31.05.2013 - 20:17

Antwort auf von Martin Geier

Natürlich kann sich etwas ändern; aber angesichts der heutigen politischen wie rechtlichen Lage scheinen andere Lösungen ja ziemlich aussichtslos. Eine andere Lösung(im Sinne der Unabhängigkeitsbefürworter) gäbe es wohl nur innerhalb eines anderen Systems und eines 'anderen' Europa; kaum im heutigen Modell; und natürlich stehen gerade einem Ansinnen eines neuen Staates mächtige Interessen(und Verträge) entgegegen; wie auch die EU sich gerade in diesem Sinne geäußert hat. Natürlich sollen Viele so breit wie möglich mitreden können; da bin ich mit dem Herrn hier vollkommen einverstanden:
„Das bedeutet, dass alle mitreden können, Deutsche, Italiener, Mehr- und Anderssprachige, alle Interessen sollten in einem 3. Autonomiestatut vertreten sein“
http://www.salto.bz/de/article/31052013/wem-gehoert-die-suedtiroler-aut…
Aber vor Allem Eines ist klar; geredet wird über das Dritte Statut und nicht über Sezession vom heutigen Staat. Und ja; politisch schließen sich beide Forderungen aus und aus der Sicht aller Bewohner des Landes(und nicht nur) sind Sezession und Autonomie zwei komplett verschiedene Dinge mit komplett unterschiedlichen Zielen. Übrigens interessant daß Sezessionisten bei der Autonomie mitreden wollen; kommt diese ja in Parteien und Blogs ja meist komplett schlecht weg. Ich denke schon daß sich auch aus deren Sicht Autonomie und Sezession ausschließen zumal ja nix mehr einer Sezession entgegenwirkt als eine funktionierende und von allen Einwohnern des Landes mitgetragene Autonomie. Ziel muß es ja mA sein aus der heutigen ethnischen Autonomie eine territoriale zu machen. Es mag Einige geben die das Gegenteil behaupten aber der Riss zwischen Autonomisten und Sezessionisten wird eher immer tiefer; einer gemeinsamen Gesprächsbasis fehlt schlicht das gemeinsame Ziel.

Fr., 31.05.2013 - 20:17 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 30.05.2013 - 21:27

Laut dieser Überschrift handelt es sich um eine ethische Erpressung, laut Tageszeitung-Online un eine ethnische Erpressung. Ja was ist nun richtig? Sind doch zwei ganz andere Dinge!

Do., 30.05.2013 - 21:27 Permalink
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Benno Kusstatscher Fr., 31.05.2013 - 10:53

Da tun sich jede Menge Fragen auf:
1) Haben die Grünen einen Autonomiekompetenz? Italienfrendlich ja. Anti-Freistaat ja. Aber reicht das für eine solche Profilierung? Wäre äußerst antidemokratisch, wenn die SVP ausgerechnet die Grünen und sonst niemanden mitnehmen würde.
2) Wer fuhr denn jetzt nach Rom? Wenn es eine offizielle Südtiroler Delegation war, dann hätte entweder eine Südtiroler Regierungsvertretung oder eine Landtagsvertretung fahren sollen. Wenn es um den Pakt PD-SVP-PATT ging, warum war dann PATT nicht dabei?
3) Wenn Südtiroler in Rom vertreten wird, warum können sich unsere Abgeordneten und Parlamentiarier vor Ort nicht erdreisten, vor Ort den Letta zum Gespräch zu laden? Weil sie keinen Termin bekommen, oder weil sie sich nicht gemeinsam mit Kronbichler gesehen werden wollen?

Und dann noch etwas Verlinkung:
http://www.salto.bz/de/article/28052013/svp-rom-reden-mit-letta#comment…
http://www.salto.bz/de/article/29052013/lincontro-durnwalder-letta
http://www.salto.bz/de/article/26042013/le-consultazioni-di-letta-svp

Fr., 31.05.2013 - 10:53 Permalink
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Sebastian Felderer Sa., 01.06.2013 - 09:10

Für Südtirol verhandeln in Rom die Abgeordneten und Senatoren unter Heranziehung der Landesregierung oder umgekehrt. Für jede Partei spricht in Rom der jeweilige Parteiobmann vor, doch nur für Angelegenheiten der Partei. Dies gilt für Rom, Brüssel und Wien. Der Vertreter der Landesregierung ist der Landeshauptmann und hat Befugnis, sofern er mit gültigem Beschluss für seine Forderungen und Verhandlungen ausgestattet ist. Vorgespräche, Tuchfühlung, Sondierung, Höflichkeitsbesuch, öffentliche, geheime und private Abkommen, all das gibt es. Ein verantwortungsvoller, rücksichtsvoller und pflichtbewusster Politiker wüsste schon das eine vom anderen zu trennen. Aber haben wir solche Politiker in Südtirol? Wenn nicht, sollten wir bis Oktober welche suchen. Dann würde wenigstens diese leidige Diskussion überflüssig.

Sa., 01.06.2013 - 09:10 Permalink
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Sebastian Felderer Sa., 01.06.2013 - 09:14

Übrigens, Florian legt dich bitte nicht mit den Ladinern an. Die schmeißen dir dann Verstoß gegen den Minderheitenschutz vor. Dann guckst du schön aus der Wäsche, als Grüner.

Sa., 01.06.2013 - 09:14 Permalink